Kunstkabinette waren im 17. und 18. Jahrhundert Räume, in denen Adelige und wohlhabende Bürger ihre privaten Sammlungen von Gemälden, Skulpturen oder Kunsthandwerk ausstellten. Nur einige wenige hatten Zugang zu ihnen. Diese Praxis trug jedoch wesentlich zur Entwicklung der Kunstrezeption in Europa bei und führte schließlich - mit der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Verbreitung der Idee, Sammlungen öffentlich zugänglich zu machen - zur Entstehung von Museen. Der Bezug auf diese Tradition ist der Leitgedanke der Ausstellung, die 37 Werke europäischer Kunst aus der größten und wertvollsten Kunstsammlung der Ukraine präsentiert. Eine Sammlung, deren Kern eine bemerkenswerte Privatsammlung war.
Das Nationale Kunstmuseum Bohdan und Varvara Khanenko in Kiew ist eine der bedeutendsten musealen Einrichtungen Osteuropas mit Sammlungen europäischer, asiatischer und antiker Kunst. Aufgrund der erheblichen Schäden, die die Einrichtung während der russischen Angriffe auf Kiew im Herbst 2022 erlitt, beschloss die Museumsleitung, einen Teil der Kunstsammlung an das Königliche Schloss in Warschau zu verleihen, um sie für die Dauer des Krieges zu schützen und zu konservieren. Diese Entscheidung bot die einmalige Gelegenheit, Werke vom Rang der ukrainischen Nationalsammlung einem breiten Publikum in Polen zu zeigen. Dies ist die erste umfassende Präsentation der Chanenko-Sammlung außerhalb der Ukraine.
Die Ausstellung umfasst Werke der italienischen, niederländischen, flämischen, französischen oder spanischen Kunst, darunter signierte Werke von Meistern wie Peter Paul Rubens, Bernardo Bellotto und Juan de Zurbarán. Auch die Themen der Darstellungen sind vielfältig und reichen von Porträts über Stillleben und Landschaften bis hin zu Szenen aus der Antike.
Eine eigene Abteilung ist den Poloniken gewidmet, unter denen das von Louise-Elisabeth Vigee-Le Brun 1797 gemalte Porträt von Stanislaus Augustus im Gewand Heinrichs IV. besondere Aufmerksamkeit verdient. Diese Darstellung ist eines der letzten Porträts des Herrschers, die vor seinem Tod entstanden sind. Zum ersten Mal nach zweihundert Jahren beherbergt das Schloss auch zwei Gemälde aus der Sammlung des letzten polnischen Königs, die Anfang des 19. Jahrhunderts nach Russland verschleppt wurden und lange Zeit als verschollen galten.
Bohdan Chanenko (1849-1917) war Rechtsanwalt, Zuckerindustrieller und großer Kunstliebhaber. Zusammen mit seiner Frau Varvara sammelte er über mehrere Jahrzehnte hinweg Gemälde, Skulpturen und Kunsthandwerk, die zusammen die größte und wertvollste Kunstsammlung der Ukraine bildeten. Diese Sammlung konnte sich mit den bedeutendsten Privatsammlungen vergleichen, die zu einer ähnlichen Zeit in Paris oder Wien entstanden.