Wer mag keine Rätsel? Die Welt der Musikgeschichte ist voll davon, man denke nur an die Kanons des Mittelalters und der Renaissance oder an die rhetorischen Figuren des Barock, die sich auf verschiedenen Ebenen der Partitur verstecken. Es gibt auch musikphilosophische Rätsel, auf die es keine einfache Antwort gibt. Vielleicht hatte Gustav Mahler eine solche Prüfung im Sinn, als er in einem Brief an einen österreichischen Schriftsteller und Musikwissenschaftler schrieb:
Meine "Sechste" wird zu einem Rätsel, dessen Lösung nur von der Generation in Angriff genommen werden kann, die meine ersten fünf Sinfonien akzeptiert und vollständig versteht.
Scheinbar klassisch, vierteilig. Monumental in jeder Hinsicht. Für das größte Ensemble unter den reinen Instrumentalwerken des Komponisten geschrieben, verlangt die Sinfonie Nr. 6 in a-Moll von den Ausführenden und dem Dirigenten großen Einsatz, schont aber auch den Hörer in keiner Weise. Man findet hier nicht allzu viele einprägsame Melodien, die man aus Mahlers früheren Werken kennt.
Ein weiteres ungelöstes Rätsel des Werkes betrifft die Reihenfolge, in der die aufeinanderfolgenden Sätze erklingen sollten. Ursprünglich sollte auf den düsteren ersten Satz ein rasantes Scherzo und dann ein melancholisches Andante moderato folgen. Die auf der Grundlage der Uraufführungsfassung veröffentlichte Partitur enthielt jedoch eine vom Autor umgekehrte Anordnung der inneren Glieder. Nach Mahlers Tod wies seine Frau Alma darauf hin, dass die Reihenfolge der Abschnitte des Werkes angeblich umgekehrt hätte sein müssen!
Interpreten:
Nationales Philharmonisches Orchester
Christoph König Dirigent
Programm
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 6 in a-Moll [77′]